Verantwortliche, vor allem aus dem nicht-öffentlichen Sektor, verunsicherte bereits unmittelbar nach dem Wirksamwerden der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) die Frage, ob Sie im Falle von Verstößen gegen das neue Recht mit Abmahnungen wegen Wettbewerbsverstößen zu rechnen hätten. Die maßgebliche Norm hierfür, § 3a UWG, setzt dazu voraus, dass es sich bei der verletzten Regelung um eine Marktverhaltensregelung handelt.
Für die DSGVO lässt sich dies nicht im Allgemeinen bejahen. Vielmehr müssen alle Normen jeweils für sich dahingehend geprüft werden, ob sie als marktverhaltensregelnd qualifiziert werden können oder nicht.
Von seinen Grundgedanken her schützt das Datenschutzrecht in erster Linie das verfassungsrechtlich konstituierten Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen. Die DSGVO will diesem Gedanken durch ein einheitliches Schutzniveau, gerade beim grenzüberschreitende Verkehr personenbezogener Daten, wirkungsvoller zur Geltung verhelfen und eine Verfälschung des Wettbewerbs verhindern. Ein Beispiel hierfür ist die Einführung des sog. Marktortprinzips.
Abmahnungen sind aber nach wie vor die große Ausnahme. Die deutsche Rechtsprechung ist in dieser Hinsicht weiterhin wenig konsistent und verneint die Abmahnfähigkeit häufig bereits aus anderen Gründen.
Das OLG Naumburg (Urteil vom 07.11.2019, AZ 9 U 6/19) stellte nun in einer jüngeren Entscheidung einen solchen Verstoß gegen die DSGVO fest.
Wettbewerb zwischen Apothekern
Im Sachverhalt machte der Kläger, der als Apotheker tätig ist, gegen den Beklagten Unterlassungsansprüche, Auskunftsansprüche und die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung aus Wettbewerbsrecht wegen des Vertriebes apothekenpflichtiger rezeptfreier Medikamente über eine Internethandelsplattform geltend. Der Beklagte ist ebenfalls Apotheker und vertreibt online apothekenpflichtige Medikamente. Nach Ansicht des Klägers verstößt der Mitbewerber gegen die DSGVO, da er keine Einwilligung zur Verarbeitung von Gesundheitsdaten nach Art. 9 DSGVO einholte.
Das Gericht hatte nun zu entscheiden, ob Verstöße gegen die DSGVO abmahnfähig sind. Nach Ansicht des OLG handelt es sich bei Art. 9 DSGVO tatsächlich um eine Marktverhaltensregelung: Aus den Bestelldaten könnten Rückschlüsse auf die Gesundheit des Bestellers gezogen werden. Somit sei der Anwendungsbereich des Art. 9 DSGVO eröffnet. Auch wenn die Daten, die Amazon für den Bestellvorgang apothekenpflichtiger Medikamente erfasst, keine Gesundheitsdaten im engeren Sinne, wie z.B. ärztliche Befunde, darstellten, seien sie aufgrund des Sachzusammenhangs doch als personenbezogene Daten besonderer Kategorien zu qualifizieren. Im Ergebnis wurde der Verstoß somit als abmahnfähig angesehen.