Grundsätzlich müssen über die Sitzungen der Gemeinderäte, der Kreistage und ihrer beschließenden Ausschüsse Niederschriften gefertigt werden siehe (Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Art. 45 Abs. 2 Satz 2 Gemeindeordnung (GO) sowie Art. 48 Abs. 1 Satz 1, Art. 40 Abs. 2 Satz 2 Landkreisordnung (LKrO)). Diese Niederschriften sind nicht nur für die Gemeinderatsmitglieder und die Gemeindeverwaltung wichtig; auch für Bürger kann es von Bedeutung sein, was in den Beratungen besprochen und am Ende beschlossen wurde. Die Frage, die sich deshalb stellt: Dürfen solche Sitzungsniederschriften veröffentlicht werden?
Veröffentlichung persönlicher Notizen/Berichte von Zuhörern/Gemeinderatsmitgliedern
Jedermann hat grundsätzlich zu öffentlichen Gemeinderatssitzungen Zutritt. Den Zuhörern kann dabei nicht verboten werden, Notizen anzufertigen und diese sowie einen aus dem Gedächtnis entwickelten Bericht im Internet zu veröffentlichen. Dasselbe gilt auch für ein Gemeinderatsmitglied, wobei nur die Veröffentlichung von internem Zusatzwissen unzulässig wäre. Es muss jedoch bei der Veröffentlichung deutlich sein, dass es sich nicht um eine Veröffentlichung der Gemeinde oder eine amtliche Niederschrift handelt.
Veröffentlichung der amtlichen Niederschrift
Veröffentlichungen von amtlichen Niederschriften sind nur durch die Gemeinde oder aber nur mit ihrer Zustimmung zulässig. Nach Ansicht des Innenministeriums ist die Veröffentlichung der amtlichen Niederschrift einer öffentlichen Sitzung des Gemeinderats durch die Gemeinde oder mit ihrer Zustimmung auch im Internet jedenfalls dann zulässig, wenn nur der Mindestinhalt gemäß (Art. 54 Abs. 1 GO) darin enthalten ist.
Es bestehen aber auch Gefahren für die Datensicherheit bei einer Einspeisung von Daten in das Internet. Die auf dem Internet-Server gespeicherten Daten könnten verändert, zumindest teilweise unterdrückt oder gelöscht werden. Dadurch könnten auch haftungsrechtliche Fragen entstehen, die auf eine Gemeinde bei einer amtlichen Veröffentlichung bzw. einer Veröffentlichung mit Zustimmung zukommen könnten. Diese Risiken müssen bei einer Einstellung in das Internet berücksichtigt werden.
Kommunalrechtliche Zugangsansprüche
Aus dem Kommunalrecht ergeben sich Ansprüche auf Zugang zu den Niederschriften. So normiert (Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO):
„Die Einsicht in die Niederschriften über öffentliche Sitzungen steht allen Gemeindebürgern frei; dasselbe gilt für auswärts wohnende Personen hinsichtlich ihres Grundbesitzes oder ihrer gewerblichen Niederlassungen im Gemeindegebiet.“
(Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO) wiederum bestimmt:
„Die Einsicht in die Niederschriften über öffentliche Sitzungen steht allen Kreisbürgern frei.“
Beide Vorschriften begründen somit Ansprüche für die Gemeindebürger bzw. die Kreisbürger. Anspruchsinhalt ist dabei die Einsicht in das jeweilige Dokument, also in das Beschlussbuch oder in Auszüge des Beschlussbuches. Es muss vor allem kein „berechtigtes Interesse“ wie es im Zugangsanspruch des (Art. 39 Abs. 1 Satz 1) Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG) verlangt wird, glaubhaft dargelegt werden.
Allgemeines Recht auf Auskunft (Art. 39 Bayerisches Datenschutzgesetz)
Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG regelt:
„Jeder hat das Recht auf Auskunft über den Inhalt von Dateien und Akten öffentlicher Stellen, soweit ein berechtigtes, nicht auf eine entgeltliche Weiterverwendung gerichtetes Interesse glaubhaft dargelegt wird und
- bei personenbezogenen Daten eine Übermittlung an nicht öffentliche Stellen zulässig ist und
- Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht beeinträchtigt werden.“
Bei einem Vergleich von (Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG einerseits und Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO) andererseits ergibt sich folgendes:
- 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG ist ein Jedermannsrecht
- 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG erfordert die glaubhafte Darlegung eines berechtigten Interesses
- 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG ist primär auf Auskunft gerichtet, ermöglicht nach Ermessen der auskunftspflichtigen Stelle aber auch die Gewährung von Einsicht oder die Bereitstellung von Kopien
- 54 Abs. 3 Satz 2 GO berechtigt nur Gemeindebürger und Forensen, Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO nur Kreisbürger
- 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO setzen kein berechtigtes Interesse voraus und zielen primär auf Einsicht, wobei auch hier nach Ermessen auch Auskunft erteilt werden kann oder Kopien bereitgestellt werden können
Handlungsoptionen zur Verbesserung der Transparenz
Folgende Optionen können transparenzfördernd sein:
- Kommunen können, im Rahmen von (Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO) auch Zugangsanträgen entsprechen, die nicht von anspruchsberechtigten Personen gestellt sind; das Gesetz verbietet die Zugangsgewährung nicht
- Kommunen können sich für eine Verwaltungspraxis entscheiden, die dem Anliegen der jeweils zugangsinteressierten Person entspricht (z.B. Kopien)
- Kommunen können sich zudem unter Beachtung des rechtlich gebotenen Schutzes von Vertraulichkeitsinteressen dafür entscheiden, Niederschriften auf der Homepage, in einem elektronischen Bürgerinformationssystem oder einem Transparenzportal zu veröffentlichen
Zusammenfassung
Bei der Veröffentlichung von Sitzungsniederschriften öffentlicher Sitzungen gilt einiges zu beachten. Das Verhältnis der oben genannten Zugangsansprüche zu (Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG ist durch Art. 39 Abs. 2 BayDSG) mit der Folge geregelt, dass sich der Zugang zu den Sitzungsniederschriften auch weiterhin nach dem kommunalrechtlichen Sonderregime beurteilt. Kommunen können einige Spielräume nutzen, um die Transparenz ihrer Verwaltungstätigkeit in Bezug auf die Niederschriften der öffentlichen Sitzungen zu fördern. Die insidas kann hier beratend und unterstützend für Sie mitwirken.
Quellen: