Der Inhaber einer Anwaltskanzlei verschaffte sich auf dubiosen Wegen das Passwort für den Mail-Account eines Geschäftspartners und las über einen Zeitraum von einem Jahr heimlich dessen E-Mails mit. Diese wurden schließlich auf dem Notebook des Anwalts polizeilich sichergestellt.
Der Geschäftspartner fühlte sich in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und verlangte deshalb eine Geldentschädigung.
Das Oberlandesgericht München hat den Anwalt in seiner Entscheidung vom 4.12.2019 (AZ: 15 O 3688/18) zu einer Geldentschädigung von 5.000 € verurteilt.
Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Aus Sicht des Gerichts begründen im vorliegenden Fall folgende Erwägungen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts:
- Nachrichten, die an ein persönliches Mail-Postfach adressiert sind, fallen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
- Sie sind ebenso wie Briefe Teil der individuellen Kommunikation.
- Das heimliche Mitlesen solcher Mails verletzt das Recht auf Wahrung seiner Privatsphäre.
- Dass Mails einen geschäftsbezogenen Inhalt haben, ändert daran nichts. Sie gehören damit zwar nicht zur besonders geschützten Intimsphäre, bilden aber gleichwohl einen Teil der Privatsphäre.
Besonders schwere Rechtsverletzung
Nach Auffassung des Gerichts liegt eine besonders schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor. Dafür sprächen folgende Erwägungen:
- Das Mitlesen der Mails erstreckte sich über einen längeren Zeitraum.
- Während dieser Zeit war die Kommunikation des Klägers für den Beklagten gewissermaßen „gläsern“.
- Das gilt unabhängig davon, wie viele E-Mails und welche E-Mails der Beklagte konkret gelesen hat. Schon die ungehinderte Möglichkeit des Beklagten, jederzeit auf die Mails des Klägers zuzugreifen, bewirkte eine Entblößung des Klägers.
Bemessung der Entschädigung
Der Anspruch auf Entschädigung für eine Persönlichkeitsrechtsverletzung ist unmittelbar aus dem Grundgesetz (Art. 1 und 2 GG) abzuleiten. Daher spricht das Gericht auch von einer Geldentschädigung. Ausdrückliche Regelungen für „Schmerzensgeld“ finden sich hingegen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und in den Datenschutzgesetzen (z.B. § 83 Abs. 2 BDSG). Nach Auffassung des Gerichts ist bei der Bemessung der Entschädigungshöhe besonders zu berücksichtigen, dass der Beklagte in den privaten Bereich des Klägers eingedrungen ist, der ihm eigentlich durch das Passwort als Zugangsbarriere verschlossen war.
Das Verhalten des Anwalts erfüllt daneben den Straftatbestand des Ausspähens von Daten, § 202a Strafgesetzbuch (StGB).